Wir haben bereits darüber berichtet, dass aus dem 3-Landen-Cup die International Road Racing Championship wurde. Neu hinzugekommen ist aus diesem Anlass ein Lauf in Chimay im Rahmen der „Open Trophy“, nicht weit weg von der berühmten Moto-Cross-Strecke in Namur. Vielleicht noch berühmter ist allerdings das von Trappistenmönchen gebraute Bier, das für deutsche Verhältnisse ziemlich und für belgische Verhältnisse unglaublich hohe Umdrehungen aufweist: 9 % (Chimay bleue)! Doch dazu später mehr.
Freitag
Das Wochende begann für die Fahrer- / Mechanikerpaarung Axel / Smoke mit Kaffee und Kuchen bei Muttis Geburtstag. Derart gestärkt ging es dann durch wolkenbruchartigen Regen nach Belgien. Trotz einiger Widrigkeiten, insbesondere eines Staus auf dem Luxemburger Autobahnring, kam die Equipe wohlbehalten an. Am Ende gestalteten sich dann die letzten 100 Meter noch etwas schwierig, weil die Unterkunft doch sehr versteckt lag. Umso begeisterter waren wir, als wir selbige betraten: „Château de Tromcourt“, ein altes Herrenhaus aus dem 17. Jahrhundert, das nunmehr als Bed & Breakfast-Herberge dient, nebenberuflich betreut von einem belgischen Advokaten nebst Gemahlin. Selbst in das kleinste Zimmer passt eine komplette Ost-Berliner Plattenbauwohnung; es gibt nicht einfach die typischen 08/15-Möbel; einen Salon, wie man ihn sich zuhause leider niemals einrichten können wird und ein für die frankophone Welt opulentes Frühstück. Aber auch sonst scheint hier die Welt noch in Ordnung zu sein: Abgeschlossene Haustüren sind Mangelware!
Am Abend sind wir noch nach Couvin in die „Brasserie Jeanne“ gefahren und haben - wie bereits während der gesamten Fahrt durch die Ardennen – festgestellt, wie schön die Gegend ist. Es ist bereits jetzt klar, dass nächstes Jahr ein Kurzurlaub mit der Open Trophy in Chimay verbunden werden muss.
Samstag
Weiter geht es mit den positiven Überraschungen. Auf verschlungenen Pfaden fahren wir nach Chimay; erneut ein pittoreskes Dorf nach dem anderen, dazwischen alte Schlösser und Kirchen und jede Menge unberührter Wald. Und dann die Ankunft an der Strecke: ein groß-zügiges Fahrerlager und schon die Start- und Ziegerade ist eine Augenweide! Und das Allerbeste: Sonnenschein mitten in den Ardennen. Hat es das in Spa-Francorchamps jemals gegeben?
Schnell ist das Zelt aufgebaut und das Motorrad bei der technischen Abnahme vorgeführt. Dann geht es zum ersten Training. Axel fährt, wie schon in Oostende neben der IRRC auch die belgische Superbike-Meisterschaft mit, so dass er 4 Rennen und heute 4 Trainings absolvieren kann. Diese 4 Sessions sind auch dringend zu empfehlen: Der Kurs weist 4 Schikanen und eine extrem schnelle Kurvenfolge (Virage du Beauchamp / Descente Vidal) auf, die erstmal gelernt sein wollen. Axel wird auch permanent schneller, aber nach oben ist gleichwohl noch Luft. Das Motorrad läuft gut, nur hin und wieder geht die Ölkontrollleuchte an; sicherheitshalber wird ein Viertele nachgekippt!
Der Trainingstag geht bei warmem Sonnenschein zu Ende; das Motorrad ist geputzt und betankt, neue Reifen sind aufgezogen. Also fahren wir erst mal durch Chimay, finden die Abtei der Trappisten aber leider verschlossen vor. Dann geht es in einen Supermarkt französischer Provenienz. Dort kauft Axel je eine Flasche Chimay Bleue, Blanche und Rouge sowie noch eine Magnum-Flasche „Champagner“ für die Siegesfeier nach der Speedweek in Oschersleben. Man darf gespannt sein, was passiert, wenn wir nach dem 8-h-Rennen damit anstoßen werden. Dann suchen wir ein Restaurant und finden es schließlich zwischen einer italienischen Taverne und einer original belgischen Frittenbude. Während das gesamte deutsche Starterfeld Pizza zu essen scheint und ganz Chimay am Imbiss Schlange steht, geht die Equipe37, angelockt durch die Fisch- und Meeresfrüchtekarte, ins „Chaudron d’Or“ direkt am Place Leopold, benannt nach dem berühmten Kolonisator des Kongo. Grillierte Austern, Scampi, Wels und Rinderfilet sowie eine Auswahl leckerer Rohmilchkäse beenden einen perfekten Samstag, während neben uns das Team GMT 94 zu speisen beliebt: GMT steht wohl für „Gourmet“!
Sonntag
Nach einer Katzenwäsche geht es wieder nach Chimay; der erste Lauf ist zwar erst relativ spät angesetzt, aber das Fahrerlager ist auf der Innenseite des Kurses, so dass eine späte Ankunft riskant wäre. Man geht ein wenig durchs Fahrerlager bummeln, kauft Souvenirs und plaudert mit den Leuten, die man so kennt. Auch Patrick van Gils, der zwischenzeitlich seinen Rücktritt vom aktiven Rennsport erklärt hat, schaut vorbei, außerdem auch dessen alter Chefmechaniker, den Smoke, verwirrt durch die permanent scheinende Sonne, für Patricks Vater hielt. Sogar Franco Martinel, der (im Wortsinne!) alte Seitenwagenpilot, ist da. So vergeht die Zeit wie im Flug und schon erfolgt der Aufruf zum ersten Lauf der IRRC, mit dessen Verlauf Axel ganz und gar nicht zufrieden ist, weil er sich nicht in dem Maße steigert, wie er es sich vorgenommen hatte. Aber drei Rennen folgen noch! Und die haben es in sich: Zweimal elfter Platz in der belgischen Meisterschaft, das ist mehr als bemerkenswert für einen Gaststarter! Auch im zweiten Lauf zur IRRC macht sich die zunehmende Erfahrung des Equipiers Axel bemerkbar. Insbesondere der schnelle Streckenabschnitt bergab Richtung Start/Ziel hat es ihm angetan, erinnert er ihn doch an den Mountain Course auf der Isle of Man. Daran delektieren sich auch die anderen Fahrer, vorneweg natürlich der TT-Veteran Dirk Kaletsch. Aber auch die anderen wie Matthias Dax und Niklas Pfeiffer haben ihren Spaß.
Während die anderen deutschen Teilnehmer, die nur gemeldet hatten für die IRRC, bereits packen und sich in die Schlange stellen für die Ausfahrt aus dem Fahrerlager, genießt Axel noch sein letztes Rennen. Dann wird gemächlich gepackt und schließlich tritt auch der Teambus der Equipe37 die Heimreise an. Wir fahren in die Dunkelheit, Kaffee hält den Chauffeur Smoke wach, aber in Mannheim, wo er in den letzten ICE des Tages einsteigen soll, verfranst er sich dann doch. Aber ein kurzer Sprint, und der Zug ist noch erreicht. Nach einer Nachtfahrt geht er am Montag wieder arbeiten, genauso wie Axel, der allerdings noch eine Mütze Schlaf nehmen konnte, nachdem er die Teamzentrale erreicht hatte.
In den nächsten Wochen wird die Teilnahme der Equipe37 an der German Speedweek vorbereitet; von dort folgt unser nächster Bericht!
Smoke’s Sicht der Dinge
Das Wochenende in Chimay war schlichtweg fantastisch! Leider ist nur eine Kernmannschaft (bestehend aus Axel und mir) zu dieser Veranstaltung gefahren. Aber schon der Weg dorthin war geradezu eine Offenbarung: die Landschaft, die pittoresken Dörfer, die alten Rathäuser und Kirchen; sofort stand fest, dass wir im nächsten Jahr hier einige Tage Urlaub würden dranhängen müssen.
Auch das Rennen, das wir bis dato nicht kannten, war klasse. Alles bestens organisiert, ein Fahrerlager, wie es sich die Mechaniker wünschen und eine Stecke ganz nach Axels Geschmack. Natürlich haben wir auch das berühmte Trappisten-Bier getrunken; aber das Kloster konnten wir nicht mehr besuchen, da waren wir am Ende eines langen Tages auf der Rennstrecke und im Fahrerlager einfach zu spät dran. Wenn ich so drüber nachdenke, tut mir das heute noch leid und ich hoffe sehr, dass die Saison 2011 diese Wunde heilen wird.